Führung beginnt mit Haltung – und mit einer gemeinsamen Führungskultur.

Alle Kadermitarbeitenden der Stiftung Waldheim haben in den vergangenen Wochen ein Seminar absolviert, das genau diesen Anspruch verfolgt: ein gemeinsames Führungsverständnis zu entwickeln und zu verankern.
Im Zentrum stand dabei nicht nur der fachliche Austausch, sondern auch die persönliche Auseinandersetzung mit Führungsrollen, Kommunikation und Verantwortung – immer getragen von den Werten, die unseren Alltag prägen: Verlässlichkeit, Menschlichkeit und Kompetenz.
Moderiert wurden die Seminartage von Heidi Johann – einer erfahrenen Beraterin, Supervisorin bso und Expertin für wertorientierte Führung. Im Interview spricht sie darüber, wie sich Führungsarbeit verändert hat, worin sie die besonderen Stärken der «Heimat»-Kaderpersonen sieht – und warum echte Führung immer Beziehungsarbeit ist.

Seit über 25 Jahren begleitet und berät Heidi Johann Führungskräfte – mit geschultem Blick, viel Empathie und dem untrüglichen Gespür für das, was Vorgesetzte und ihre Teams wirklich bewegt. Ihre Erfahrung? Führung hat sich über die letzten Jahre hinweg grundlegend verändert.

Heidi, du bist seit über 25 Jahren mit Führungsthemen beschäftigt. Welchen Wandel hast du in dieser Zeit bezüglich Führungsarbeit festgestellt?

«Heute ist Führung gleichzusetzen mit Beziehungsarbeit, Mitarbeitende wollen mit ihren Bedürfnissen wahrgenommen werden und Anerkennung spüren. Sie stellen die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit ins Zentrum.

Führung bedeutet heute, auf Augenhöhe zu agieren und echte Verbindungen zu anderen Menschen zu schaffen. Dabei sind auch die Rahmenbedingungen anspruchsvoller geworden: Mitarbeitende bewegen sich heute in einem komplexen Geflecht von Erwartungen – beruflich wie privat. Damit umzugehen, verlangt Fingerspitzengefühl, Klarheit und Transparenz. Folglich könnte man auch sagen, dass führen heute gleichbedeutend ist mit fair und lebhaft diskutieren.»

Gibt es Unterschiede in der Führungsarbeit zwischen Industrieunternehmen und sozialen Institutionen wie der Stiftung Waldheim?

 Ja – und doch auch wieder nicht.

«Die Wettbewerbssituation eines Industrieunternehmens ist eine andere. Es muss äusserst schnell, flexibel und anpassungsfähig sein. Dies erfordert ein situativ agiles Führungsverhalten. Die Werte hinter der Führungsarbeit sind jedoch dieselben.

Soziale Institutionen schaffen Lebensumfelder. Sie bieten Sicherheit, Struktur und Orientierung. Es geht nicht um Produkte, sondern um Menschen und deren Wohlbefinden. Auch hier zählen Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Doch die Führung ist immer eng mit der Aufgabe verknüpft, ein familiäres Gefühl von «Zuhause» zu schaffen – und Stabilität im Alltag zu ermöglichen.»

Welches war der zentrale Inhalt des Seminars bei der Stiftung Waldheim?

Ein gemeinsames Verständnis davon, was gute Führung bedeutet – und wie sie im Alltag gelebt wird. Genau das stand im Zentrum des Führungsseminars.

«Ziel war es, ein gemeinsames Führungsverständnis zu entwickeln und zu verankern. Dieser Prozess war spürbar – im offenen, ehrlichen Austausch unter den Teilnehmenden. Die Seminargruppe war vielfältig besetzt: Gruppenleitungen, Bereichsleitungen, Heimleitungen. Unterschiedliche Perspektiven trafen aufeinander – und bereicherten den Dialog.

Die Teilnehmenden haben konkrete Fallbeispiele eingebracht und von den Erfahrungen der anderen profitiert. Jede Situation wurde aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet – das hat gestärkt, motiviert und verbunden. So wurde aus einem Seminar ein intensiver Lernraum – geprägt von Vertrauen, Kompetenz und dem gemeinsamen Ziel, Führung im Alltag verantwortungsvoll, klar und menschlich zu gestalten.»


Vom Kollegen zur Führungskraft – wie gelingt der Rollenwechsel, wenn man sich beruflich weiterentwickelt?

Wenn aus einem Teammitglied plötzlich eine Leitungsperson wird, bringt das mehr mit sich als einen neuen Titel auf dem Namensschild. Der Übergang von der Kollegin zur Führungskraft ist ein sensibler Prozess – einer, der bewusst und explizit gestaltet werden sollte.

«Das Thema muss von Anfang an offen angesprochen werden: Die eigene Rolle im Teamgefüge verändert sich – mit ihr auch Aufgaben, Verantwortung und Entscheidungsbefugnisse. Das Spannungsfeld Nähe – Distanz erhält einen ganz neuen Charakter. Wichtig scheint mir, gemeinsam mit dem Team die gegenseitigen Erwartungen möglichst früh zu klären.

Vor allem Klarheit ist essenziell. Wer in die Führung geht, sollte seine Perspektive aufzeigen und transparent kommunizieren, worauf sie oder er besonderen Wert legt. Es geht darum, den Rollenwechsel aktiv zu gestalten – mit Haltung und Authentizität.»

Was zeichnet die Führungskräfte der Stiftung Waldheim aus deiner Sicht besonders aus?

Für Heidi Johann sind es nicht nur Kompetenzen – es ist vor allem die Haltung, mit der sie führen.

«Was mich beeindruckt hat, war die spürbare Freude an der Gemeinschaft. Der respektvolle Umgang miteinander, die Offenheit im Austausch – das war aufrichtig und ehrlich.»

Während der Seminare wurde deutlich: Führung bei der Stiftung Waldheim bedeutet nicht, den Ton anzugeben – sondern zuzuhören, zu verbinden und gemeinsam tragfähige Lösungen zu finden.

«Auch bei kontroversen Diskussionen war ein konstruktiver Geist spürbar. Es ging nie um Rechthaben – sondern darum, gemeinsam den besten Weg zu finden. Achtsamkeit, Sorgfalt, echtes Engagement – das waren die Qualitäten, die das Führungsverständnis der Teilnehmenden prägten. Und genau darin liegt ihre Stärke: in der Verbindung von Kompetenz und Menschlichkeit, in der Bereitschaft, nach vorne zu schauen – und gemeinsam Verantwortung zu tragen.»


Heidi Johann – systemische Beraterin mit Erfahrung und Haltung

Heidi Johann begleitet seit vielen Jahren Organisationen, Teams und Einzelpersonen – mit einem systemischen Ansatz, der Wert auf Respekt, Eigenständigkeit und die Dynamik innerhalb sozialer Systeme legt.

Sie verfügt über fundierte Ausbildungen in Supervision, Coaching, Organisationsentwicklung und Erwachsenenbildung sowie über langjährige Führungserfahrung im Spitalwesen. Ihre Schwerpunkte liegen in der Begleitung von Führungskräften und Teams, sowie in der Beratung bei Veränderungsprozessen.

Seit 2012 ist sie selbstständig tätig und bietet individuell abgestimmte Beratungen, Seminare und Moderationen an. Sie ist Mitglied im Berufsverband bso und im IFF-OE-Netzwerk für Organisationsentwicklung.

www.hejo.ch