Dr. phil. Annika Lang ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit einem Lehrstuhl in Pädagogik bei Verhaltensstörungen und Autismus. In unserem Interview erläutert sie, weshalb die Erfüllung besonderer Wünsche von Menschen mit Beeinträchtigung zum fachlichen Auftrag einer Institution wie der Stiftung Waldheim gehören.
Warum spielt Freizeit eine so zentrale Rolle im Leben von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung?
«Menschen mit Behinderungen haben das Recht, ihre Freizeit selbstbestimmt zu gestalten und gleichberechtigt mit anderen an Freizeitaktivitäten teilzunehmen (Art. 30 UN-BRK).
Für Menschen mit schwerer kognitiver Beeinträchtigung und herausforderndem Verhalten ist Freizeit ein zentraler Raum für Selbstbestimmung, soziale Partizipation und Entspannungsmomente. Gerade bei herausforderndem Verhalten bieten Freizeitaktivitäten Möglichkeiten zur positiven Beziehungsgestaltung und zur Erfahrung von sozialer Zugehörigkeit.»
Welche Bedeutung hat Freizeit für die Klientinnen und Klienten und worauf kommt es ihnen besonders an?
«Für diesen Personenkreis bedeutet Freizeit Teilhabe und ein Plus an Lebensqualität. Besonders wichtig sind individuell passgenaue Angebote, die sich an den Bedürfnissen der einzelnen Personen orientieren. Der Personenkreis ist auf die Unterstützung von Assistenzpersonen angewiesen.
Ohne diese Unterstützung ist es diesem Personenkreis meist nicht möglich, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Erst durch eine bedarfsorientierte Unterstützung kann der Zugang zu Erfahrungsräumen eröffnet werden.»
Inwiefern kann Freizeitgestaltung die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben fördern und stärken?
«Freizeitgestaltung trägt zur Lebensqualität bei, indem sie Momente der Selbstwirksamkeit, des Wohlbefindens und der sozialen Eingebundenheit schafft. Für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung und herausforderndem Verhalten ist der Zugang zu ihrem sozialen Umfeld ausserhalb der Institution ein zentraler Faktor für Lebensqualität.
Studien zeigen, dass gerade Angebote ausserhalb des Wohnortes eine präventive Wirkung gegenüber herausforderndem Verhalten entfalten können.»
Welche Hürden oder Herausforderungen stehen Menschen mit Handicap bei der Freizeitgestaltung häufig im Weg?
«Menschen mit schwerer kognitiver Beeinträchtigung nehmen oft nur passiv an Aktivitäten teil. Der Bedarf an selbstbestimmten Freizeitmöglichkeiten in der Gemeinschaft ist hoch.
Die Teilnahme an Freizeitaktivitäten hängt stark von externen Faktoren ab. Dies sind insbesondere personelle Ressourcen, zielgruppenspezifische Qualifizierung der Betreuungspersonen sowie die barrierefreie Zugänglichkeit der Freizeitangebote.»
Nahaufnahme: ein akademisches Berufsleben im Zeichen der Inklusion.
Dr. phil. Annika Lang ist Wissenschaftlerin, Dozentin und Expertin für die Lebensqualität von Menschen mit Handicap. Nach Stationen in Deutschland, Australien, Tansania, Indien und den USA promovierte sie an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München im Fach Sonderpädagogik.Ihre Forschungs- und Praxisschwerpunkte liegen in den Bereichen Teilhabe, Wohnen und Freizeit, insbesondere für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf. Neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit an der LMU engagiert sie sich in Projekten zur Inklusion und Partizipation und ist Mitglied in internationalen Fachnetzwerken.Mit ihrer Arbeit verbindet sie fundierte Forschung mit praxisnahen Konzepten für die echte Teilhabe von Menschen mit Handicap.
Was Dr. Annika Lang in ihren Worten beschreibt, zeigt sich in den Erlebnissen unserer Klientinnen und Klienten auf ganz besondere Weise.
Wie tiefgreifend die Erfüllung eines Herzenswunsches sein kann, erzählen Alessio und Brigitte in zwei bewegenden Interviews. Dank des Traumtickets wurden ihre Wünsche Wirklichkeit – Momente voller Freiheit, Dankbarkeit und Lebensfreude.
Zu den Videoportraits von Alessio und Brigitte.